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Was Pfarrerin Van den Ameele wichtig war

Verständnis basiert auf Kommunikation

Pfarrerin Lieve Van den Ameele wurde am 7. September, in der evangelischen Martinskirche von Pröpstin Henriette Crüwell in den Ruhestand verabschiedet.

Siebeneinhalb Jahre ihres aktiven Dienstes wirkte Van den Ameele in Bad Ems. „Eigentlich waren nur drei Jahre geplant“, erinnert sich die künftige Pensionärin, aber dann kam Corona und damit ohnehin alles anders. Große Herausforderungen mussten gemeistert werden, aber auch schöne Erlebnisse kommen ihr in den Sinn. Das gilt seit 2000 für ihren Pfarrdienst insgesamt wie auch an ihrer letzten Wirkungsstätte.

Dass die gebürtige Belgierin nach ihrem Studium in Gent, Augsburg und Frankfurt einige Jahre als freie Journalistin arbeitete, kam ihr im Pfarrberuf zupass. „Gute Kommunikation ist in einer Kirchengemeinde immens wichtig“, sagt sie. Das beziehe sich nicht nur darauf, ordentlich für die Angebote zu werben, sondern auch Begegnungsmomente zu schaffen, die Kommunikation ermöglichen und fördern. Als Beispiele nennt sie das Kirchencafé im Seitenschiff der evangelischen Martinskirche und den von mehreren Trägern organisierten Gemeinde-Mittagstisch.

Kommunikation war der gelernten Gemeindeberaterin und Organisationsentwicklerin wichtig für ein funktionierendes Gemeindeleben und als Basis für wachsendes gegenseitiges Verständnis. So denkt sie gern an Gemeinde-Foren zu konkreten Themen zurück, in denen Kirchenvorstand und Gemeindemitglieder zunehmend konstruktiv zusammengewirkt und sich alle Gemeindegruppen gegenseitig wahrgenommen haben. Einmal ging es zum Beispiel um „versöhnte Vergangenheit“, um zu verstehen, in welchem gesellschaftlichen und politischen Umfeld ehemalige Pfarrpersonen und Kirchenvorstände tätig gewesen sind.

Es sei natürlich eine Herausforderung gewesen, als aus den anderthalb Pfarrstellen in Bad Ems nur noch eine wurde. „Was will man da weglassen?“, fragte sie sich. Die zunächst im Rahmen einer Kooperation nach Dausenau verlagerte Konfi-Arbeit kam zuletzt wieder zurück in die Kirchengemeinde, was die Theologin besonders freute, weil ihr die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen schon immer Herzenssache war. In der Corona-Zeit wurden Taschen mit  Materialien für einen Kindergottesdienst zu Hause erfunden, die auch jetzt noch mehrmals im Jahr ausgegeben werden. Frischen Wind in den kirchengemeindlichen Nachwuchs brachten jährliche Projekte für verschiedene Altersgruppen. Diese Erfahrungen möchte sie nicht missen, auch nicht die Filme und Harry-Potter-Musik auf der Orgel bei der „Potter-Passion“.

„Die Vernetzung mit Eltern und Familien ist unheimlich wichtig für eine Kirchengemeinde“, sagt sie und freut sich, dass in Bad Ems noch mehr Kontakte übers eigene Kirchendach hinaus geknüpft wurden: Neue Formen der Geburtstagsgrüße etwa an 18- bis 100-Jährige, neben Weihnachts- und Osterbriefen auch Valentinskarten. „Da hat Corona positiv fortgewirkt“, so Van den Ameele.

Der Wille zu Veränderungen sei naturgemäß nicht einfach. „Aber wenn man dann eine Sache mit Bedacht angeht und sieht, wie sich etwas entwickelt, obwohl zunächst niemand eine Aufgabe übernehmen wollte, ist das sehr bewegend“, erzählt sie. „Ich habe mein Amt so verstanden, Menschen zu unterstützen, um mit den Veränderungen umgehen zu können.“

Beeindruckt hat sie die Hilfsbereitschaft von Menschen. Erfahrung im Umgang mit Geflüchteten und Asyl Suchenden hatte Van den Ameele bereits in Belgien, während ihres Dienstes im Sozialdienst am Frankfurter Flughafen sowie 2015 bis 2018 im Frankfurter Stadtteil Fechenheim gesammelt; die brachte sie in die Kreisstadt ein. „Es ging einfach um die Frage, was wir gerade beitragen können, um den Menschen zu helfen.“

Dankbar ist Van den Ameele ihrem Mann Wilfried Steller, der nicht nur als Pfarrer die Gemeinde unterstützte, sondern ebenso in der Öffentlichkeitsarbeit mit zeitgemäßen Gemeindebriefen und Newslettern.

Und was wünscht sie der Region und Bad Ems? „Dass die Gemeinden die Veränderungen gesund überstehen.“, sagt die Pfarrerin. Dem Kirchenvorstand wünscht sie Rückhalt in der Gemeinde und Menschen, die bereit sind, Lasten auf ihre Schultern zu nehmen. Auch wenn es antiquiert klingen mag, gehöre auch das zu einer Gemeinde: „Beten, dass es gut wird!“, sagt die Theologin. Sie freut sich jetzt besonders darauf, dass sie selbst entscheiden kann, in welchen Gottesdienst sie geht. In Nähe ihrer beiden Kinder wird sie den Ruhestand mit ihrem Mann in Wiesbaden verbringen.

Bernd-Christoph Matern


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